FINALE: Fighter kontra Traum-Tore-Elf

Marc Körsten, 13.05.2016

FINALE: Fighter kontra Traum-Tore-Elf

Finale ist völlig offen: Trebitz trifft in Annaburg auf Gräfenhainichen.

Das gab es seit Jahren nicht mehr: Beim Fußball-Kreispokalendspiel können selbst Experten keinen eindeutigen Favoriten ausmachen. Seriensieger und einziger Landesligist im Wettbewerb, Annaburg, ist bereits ausgeschieden. Trebitz hat für die Sensation gesorgt und kann am Samstag ab 16 Uhr im Annaburger Waldstadion Historisches leisten: Es geht um den ersten Pokaltriumph in der Vereinsgeschichte. Nach zwei Niederlagen in Endspielen - den Cup holt sich jedes Mal Landesligist Elster - soll jetzt endlich der große Wurf gelingen. Erstmals geht die Elf nicht als krasser Außenseiter in den Kampf um die Trophäe. Der Kontrahent, der VfB Gräfenhainichen, wurde in den Punktspielen der Landesklasse zweimal bezwungen und auch der Blick auf die Tabelle spricht für die Trebitzer. Doch davon möchte Matthias Kleffe nichts wissen. "Die Chancen stehen 50:50", sagt der Trebitzer Coach. Stimmt!, betont Sandor Cseke. "Wir werden unser Licht nicht unter den Scheffel stellen. Zumal unsere Bestformation zur Verfügung steht. Das Endspiel ist für uns ein großes Ereignis", betont der Gräfenhainichener Übungsleiter. Der Verein freilich ist deutlich pokalerfahrener. Die Erfolge liegen allerdings auch schon über ein Jahrzehnt zurück, als die Heidestädter den Pott fast in Serie ins heimische Sportforum holten. Auch der größte Erfolg ist noch immer unvergessen: Anfang der 90er Jahre verlieren die Gräfenhainichener unter Leitung von Trainer Karl-Heinz Röthel das Endspiel im FDGB-Bezirkspokal gegen die hoch dotierten Profis vom HFC durch einen Torwartfehler denkbar knapp mit 0:1. "Ich war in Wolfen dabei - als Zuschauer. So weit werden wir so schnell nicht wieder kommen", so Cseke. Ein Erfolg am Samstag vorausgesetzt, befindet sich der VfB im Lostopf der ersten Runde im Landespokal. Der HFC und auch der 1. FCM werden als Wunschgegner genannt. Das ist neben der Siegprämie für den Gewinn das Finale in Höhe von 300 Euro eine besondere Motivation. Und schon im Halbfinale haben die Gräfenhainichener Ernst gemacht. Cseke hat seine Elf zum Trainingslager an den Ochsenkopf gebeten. Das Ergebnis verblüfft. Verwundert reiben sich die Zuschauer im Möhlauer Glückauf-Stadion die Augen. Der VfB gewinnt das Derby überraschend souverän 5:1 und erzielt gleich drei Traumtore - eins schöner als das andere. "Mein Favorit ist der Treffer von David Hartling. Es muss ja nicht immer ein Schuss in den Winkel sein", so Cseke. Auf eine Bewerbung für das "Tor des Monats" in der ARD-Sportschau haben die Verantwortliche verzichtet. "Wir hätten die Treffer einschicken können", sagt der Trainer und scheut den Vergleich mit der Bundesliga nicht. Darüber kann ja am Freitagabend noch einmal diskutiert werden. Bei "einem gemütlichen Beisammensein" werden die kompletten 90 Minuten von Möhlau noch einmal per DVD gezeigt. Zum Meckern wird es dabei nicht viel geben. "Doch", sagt Cseke, "die schlechte Chancenverwertung in den Anfangsminuten."

Auch der Kontrahent könnte mit dem Rückblick auf das Halbfinale das Selbstbewusstsein der eigenen Kicker stärken. "Trebitz war in der Partie schon dreimal tot", erinnert sich Siegfried Ockert. Der Geschäftsführer des Kreisfachverbandes nennt dazu die Fakten. Nach 21 Minuten führt der Favorit aus Annaburg 2:0. 60 Sekunden vorm Abpfiff liegt der Titelverteidiger immer noch 3:1 vorn. In der 6. Minute der Nachspielzeit fällt aber der kaum für möglich gehaltene Ausgleichstreffer. Auch in der Verlängerung scheint der krasse Außenseiter auf der Verliererstraße, geht 3:4 in Rückstand und muss in Unterzahl die Begegnung beenden. Und trotzdem gelingt wieder der Ausgleich. Das unterklassige Team hat beim Elfmeterschießen die besseren Nerven. "Wir haben uns nie aufgegeben", erinnert sich Kleffe, der in dieser Woche auf eine Vorbereitung "so normal wie möglich" gesetzt hat. "Wir haben eine relativ junge Mannschaft, und wir sind frohen Mutes, obwohl uns ein paar personelle Probleme plagen", so Kleffe, der sich nicht in die Taktik-Karten schauen lässt.

Beide Trainer bezeichnen den Finalort "als nicht ganz optimal". "Wenn wir gewinnen, wird es eine kurze Rückfahrt. Da werde ich mir dann Gedanken machen über meine Wunschgegner im Landespokal", so Kleffe. Sein Amtskollege findet den Austragungsort besonders schade für Fußballfans. "Allein aus Gräfenhainichen würden zu einem Finale in Wittenberg 50 Anhänger mehr fahren", so Cseke.

"Es muss ja nicht immer ein Schuss in den Winkel sein."

Sandor Cseke

Trainer in Gräfenhainichen

 

RESERVISTEN

Regelwerk benachteiligt Kemberg

Die Kemberger Reservisten sind im Pokal der zweiten Teams die erfolgreichste Elf. In der zweiten Auflage stehen sie zum zweiten Mal im Finale. Am Samstag erfolgt um 13 Uhr im Annaburger Stadion der Anpfiff zum Endspiel gegen die Gastgeber. Der noch junge Wettbewerb ist schon jetzt eine Erfolgsgeschichte. "Er wird gut angenommen, fast zu gut", sagt Stefan Kohnert. Der Vize-Abteilungsleiter von Kemberg wird noch deutlicher: "Spätestens ab Halbfinale rüsten alle auf!". Da mache Kemberg, wenn es Trainer Kai Furchner wünscht, keine Ausnahme. Allerdings bestehe fürs Finale kaum Spielraum. Es geht um das komplizierte Regelwerk im Fußball und um Sperrfristen, die das Hin- und Herwechseln verbieten. Davon betroffen ist wegen des nahenden Saisonendes die Kreisliga und damit Kemberg. In der Kreisoberliga, wo die Annaburger spielen, gibt es diese Sperrfrist noch nicht, weil in der Liga noch ein paar Spiele mehr ausgetragen werden. "Das ist ein Fehler im System", sagt Kohnert. Die Verantwortlichen im Kreis habe man "in mehreren Anrufen" auf die Benachteiligung aufmerksam gemacht. Geändert habe dies aber nichts. Allerdings werden die Annaburger nicht ihre erste Garnitur auflaufen lassen. "Meine Kicker haben Pfingsten frei und wollen gemeinsam das Musikfestival in Pouch besuchen", so Trainer Uwe Rohlik, der es aber für möglich hält, dass drei Kicker mit Landesligaerfahrung auflaufen könnten. "Wir sind krasser Außenseiter", schlussfolgert Kohnert. Sein Team spiele unterklassig und auswärts. Allerdings war Kemberg bereits im Halbfinale Außenseiter und schlug die Landesliga-Reserve aus Elster mit 3:1.


Quelle:Hübner/ MZ