Der letzte Tag des 1. FC Aschersleben
Dietmar Bebber, 04.07.2011
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Erinnerungen an Aufstieg und Niedergang des Clubs
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Kein Wunder, bedenkt man doch, dass dieses 60. Jubiläum gleichzeitig der Abgesang eines traditionsreichen Fußballclubs der Stadt Aschersleben war. Nach mehr als einem halben Jahrhundert wurde im Namen des 1. FC Aschersleben nun letztmals gegen den Ball getreten. Und doch schwirrten die Gedanken der Anwesenden doch nur um das unrühmliche Ende des Vereins, der aufgrund von hohen finanziellen und personellen Problemen den Spielbetrieb einstellen muss.
Grund genug, einmal einen Blick zurück auf die Geschichte des Clubs zu werfen, der so vielen Fußballern eine sportliche Heimat gegeben hat. Einblicke in die letzten 50 Jahre gab aus diesem Anlass Heinz Fischer, der dem 1. FC Aschersleben bereits als Vereinsvorsitzender und zuletzt als Schatzmeister die Treue hielt und daher einen sehr detaillierten Blick über die Geschehnisse im Traditionsclub hat.
"Ich fing beim Fußball in Aschersleben nach meinem Studiumsabschluss 1960 an, da ich einen Arbeitsplatz in der Wema erhalten hatte. Den Spaß am Fußball hatte ich in Westdorf und beim Studium in Berlin gefunden", beginnt Heinz Fischer. Nach der Gründung als "Stahl Aschersleben" 1951 wechselte der Verein nur ein Jahr später in die betriebliche Trägerschaft und wurde zur BSG Motor. Diesem Namen wurde später noch der Zusatz "Wema" hinzugefügt. Heinz Fischer übernahm in den 60er Jahren den verantwortlichen Posten für die Zusammenarbeit der Fußballabteilung mit der Betriebssportgemeinschaft. In diese Anfangsjahre fiel auch die erfolgreichste Zeit des Clubs. Von 1960 bis 1963 spielte Aschersleben in der zweiten DDR-Liga und brachte mit Helmut Stein sogar einen 22fachen Nationalspieler hervor. Nach der Wende erlebte der Verein, der nach der Umbenennung 1990 in Arminia ab 1992, nach dem Zusammenschluss mit dem SV Lok, 1. FC Aschersleben hieß, seine zweite Blütezeit. 1994 und 1998 gelang der Aufstieg in die Oberliga Nordost, immerhin Deutschlands vierthöchste Liga.
Doch hinter den Kulissen wurde bereits dort die Saat für den späteren Niedergang gelegt, wie Heinz Fischer erzählt: "Beim Zusammenschluss mit dem SV Lok wurde zugelassen, dass Restmannschaften bei Lok verblieben. Dadurch blieb es doch bei zwei konkurrierenden Vereinen in der Stadt, die sich gegenseitig die Spieler und Sponsoren wegnahmen. Dadurch konnte es zu keiner Kräftebündelung kommen."
Rein sportlich ging es für den Club nach 1999 immer weiter abwärts. 2001 erfolgte der Abstieg aus der Verbandsliga. 2007 musste man die erste Mannschaft aufgrund von Spielermangel sogar aus der Landesklasse zurückziehen und einen Neuanfang in der Kreisklasse wagen. Dies gelang auch und 2010 konnte die Rückkehr in die Landesliga gefeiert werden. Doch die Jahre hatten Spuren hinterlassen. Das Zuschauerinteresse hatte stark nachgelassen und auch die Sponsoren investierten lieber in den Hand- und Basketball. Die dünne Personaldecke zwang den Club, auf tschechische Spieler zurückzugreifen, die die Erwartungen jedoch nur selten erfüllen konnten. Zudem kamen Darlehen privater Investoren und Gerichtsverfahren. Zu viel, um den Spielbetrieb wirtschaftlich aufrechtzuerhalten.
So musste ein sportliches Aushängeschild der Stadt den langen Kampf doch aufgeben. Die Spieler werden zum Großteil zum SV Lok Aschersleben oder zum SV Rotation wechseln.
Doch schwerer wiegt wohl der Verlust eines Stücks Sportgeschichte. Dies sieht auch Heinz Fischer so, der sich wünscht, dass der 1. FC Aschersleben in guter Erinnerung bleibt. "Am Ende eines so düsteren Tages überwiegt doch das Gute. Die Erinnerungen an so viele gute Jahre, in denen wir vielen jungen Menschen eine sportliche Heimat und der Stadt Aschersleben etwas Sportlerstolz geben konnten, bleiben für immer. Ich wünsche mir nun eine Kräftebündelung aller Fußballer im SV Lok Aschersleben, um einen schlagkräftigen Verein aufzubauen. Denn nur so kann es mit dem Fußball in unserer Stadt wieder aufwärtsgehen."
Quelle:Mitteldeutsche Zeitung - online